Originalklang-Pionier Hermann Max wird 80

Originalklang-Pionier Hermann Max wird 80

Hermann Max zum Geburtstag 

In Knechtsteden wird 2021 mehrfach groß Geburtstag gefeiert: Hermann Max wird 80, sein Festival wird 30. Oder andersherum? 

Über sein Alter spricht Hermann Max nicht. Gerade lässt es sich nicht ganz vermeiden: Der Kantor, Dirigent, Bach-Medaillen und Telemann-Preisträger, Festivalgründer und -Intendant, intellektuelle Musikerklärer und leidenschaftliche Musikwiederentdecker, -bearbeiter und –macher mit der charakteristischen wilden Mähne, der sich am liebsten mit „Max“ anreden lässt, wird am 26. März tatsächlich 80. 

Sein umfassendes Wirken hat ihn zu einem der Protagonisten der Historischen Aufführungspraxis im deutschsprachigen Raum gemacht, lange bevor sie zu einem festen Begriff im Konzertleben wurde. Historische Aufführungspraxis – für Max „ein großer, weitgespannter Begriff!“. So weit gespannt, dass er dafür im Do-it-yourself-Verfahren etwas Einmaliges in der Musikwelt baut: Einen Dreiklang aus eigenen Ensembles unter seiner Leitung und einem Festival, in dem er selbst wiedergefundene und edierte Werke mit lebendiger Authentizität und Affekt zum Leben erweckt. 

Als Kirchenmusikdirektor formt er ab 1967 an der Christuskirche im rheinischen Dormagen die Jugendkantorei zu einem hervorragenden Originalklang-Ensemble. WDR und Deutschlandlandfunk stehen Pate, als daraus 1985 die Ensembles Rheinische Kantorei und Das Kleine Konzert als professionelle Klangkörper hervorgehen. Getreu Monteverdis Dictum „L'oratione sia padrona del armonia e non serva“ – die Sprache sei die Herrin der Musik und nicht ihre Dienerin - arbeitet Max seitdem an einer unverwechselbaren Klangästhetik: „Jung, strahlkräftig, ein frischer, dichter und doch durchsichtiger und harmonischer Klang“, so die Sopranistin Barbara Schlick, eine enge Wegbegleiterin. Diese Leidenschaft wird durch hunderte Konzerte transportiert, viele davon sind in Radiomitschnitten von WDR und Deutschlandfunk und in rund 60 CD-Produktionen dokumentiert. 

Diese intensive Ensemblearbeit geht mit unermüdlicher Forschung in Bibliotheken und Archiven einher. Max erstellt originalgetreue Notentexte nach den entsprechenden Quellen (Editionen s. unten) und bewahrt so zahllose hervorragende Werke vor allem aus der Zeit des Barock vor dem Vergessen. Eine ganze Musiklandschaft wurde durch seine Arbeit wiederentdeckt. Neben der Musik Johann Sebastian Bachs war es die Musik seiner Söhne und Verwandten, seiner Vorgänger und Nachfolger im Amt des Thomaskantors, seiner Zeitgenossen, Kollegen und Schüler, die Max ans Licht brachte. 1998 erhielt er für seine Arbeit den Telemann-Preis der Stadt Magdeburg, 2008 die Bach-Medaille der Stadt Leipzig. 

1992 gründet Max das „Festival Alte Musik Knechtsteden“, das seit nunmehr 30 Jahren in der zweiten Septemberhälfte im Rhein-Kreis Neuss stattfindet. Auch im Jubiläumsjahr bietet das Festival 

mit seiner außergewöhnlichen Programmatik neue Sicht- und Hörweisen für Publikum und Ausführende gleichermaßen. Max‘ Arbeitsweise als künstlerischer Leiter ist dabei „ebenso unorthodox wie konsequent, aber vor allem musikalisch packend“, so der aktuelle Bach-Medaillen-Empfänger Christoph Wolff – und immer pragmatisch, was er auch aktuell wieder mit Musikaufführungen und Festivalplanung unter Pandemiebedingungen unter Beweis stellt. 

Christoph Wolff in seiner Laudatio 2008: „Was weder Geschichtsbücher noch musikwissenschaftliche Forschung allein vermocht haben, ist Dir gelungen: Eine musikgeschichtliche Epoche nicht nur neu ins Blickfeld zu rücken, sondern sie durch die Ausbreitung eines reichhaltigen und mustergültigen und maßstabsetzenden Aufführungen dargebotenen Repertoires neu zu definieren.“ Kein Grund zum Innehalten für Hermann Max. Die nächsten Pläne sind schon gefasst. 

Stationen in Kürze 

26. März 1941 geboren in Goslar 

1962-1972 Studium in Berlin (Kirchenmusik, Orgel und Klavier), Köln (Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Archäologie) und Essen (Neue Kirchenmusik) 

1967-2006 Kirchenmusikdirektor an der Christuskirche in Dormagen 

1977 Gründung der Jugendkantorei Dormagen, aus der 1985 das Vokalensemble „Rheinische Kantorei“ hervorging 

1992 Hermann Max gründet das Musikfestival „Festliche Tage Alter Musik“ in Dormagen, heute: „Festival Alte Musik Knechtsteden“ (2021 vom 17. bis 25. September). 

Gastdirigate im In-und Ausland auf und Leitung von Kurse zur Interpretation Alter Musik.